Stellungnahme der Grünen zur Resolution B31 West KT v.19.12.11

Kreistagssitzung vom 19.12.11

Stellungnahme der Grünen zur Resolution B31 West

„Planung rückt der Realität näher“ das war die Schlagzeile eines Presseartikels letzte Woche in der BZ.

Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer hat sich Realismus verordnet, zu viele Neubauten für den Verkehr wurden angestrebt – das Geld dafür sei gar nicht vorhanden, so war weiter zu lesen. Im Straßenbau seien nur die Hälfte der erwünschten Vorhaben finanzierbar.

Dabei muss auch noch das bereits bestehende Straßennetz laufend Instand gehalten werden.

Das Verkehrsministerium in Stuttgart reagiert und zieht berechtigt die Notbremse. Neubaumaßnahmen sollen laut Koalitionsvertrag – und da ist die SPD mit im Boot – nur noch in begründeten Einzelfällen realisiert werden.

Das Gesamtvolumen der Maßnahmen im Vordringlichen Bedarf in Baden-Württemberg beträgt bis 2015 rund 5 Milliarden €. Allein für die Finanzierung der zur Zeit laufenden Maßnahmen werden noch 1,2 Milliarden € benötigt.

Heute Planungen zu machen, die in Jahrzehnten erst umgesetzt werden können, ist nicht sinnvoll, denn sie passen hinterher nicht mehr in die dann anzutreffende Lebenswirklichkeit.

Wir stehen vor einem Paradigmenwechsel. Wir können uns die vielen Straßen, die landauf-landab gefordert werden, einfach nicht mehr alle leisten. Das ist die Erkenntnis, die hinter den Pressemitteilungen aus Bundes- und Landesministerien steht, und die noch vor wenigen Jahren gerade aus diesen Häusern undenkbar schien.

Eine befriedigende Lösung bieten sie jedoch nicht an. Notbremsen oder zeitliche Streckung der Investitionen sind nämlich keine dauerhafte Lösung, da sich die finanzielle Situation in absehbarer Zeit nicht bessern wird.

Wir brauchen andere handhabbare Lösungen, um den Verkehrsproblemen Herr zu werden und vor allem um die vielen Anwohnern von Durchgangsstraßen zu entlasten und sie nicht ewig nur mit hehren Versprechungen zu vertrösten.

Seit über 50 Jahren wird in den Gemeinden am Kaiserstuhl bereits auf Abhilfe gewartet – und das ist wahrlich kein Einzelfall.

Jeder kennt die heutige finanzielle Lage und die immense Verschuldung im ganzen Land.

Wir müssen doch ehrlich sein, von der Lösung der Probleme mittels Straßenbau sind wir heute – am Kaiserstuhl wie anderswo – weiter entfernt denn je.

Machen wir uns und den Bürgerinnen und Bürgern doch nichts vor. An der Finanzsituation wird über Jahre hinaus auch keine noch so vollmundige Forderung oder diese Resolution etwas ändern können.

Wir müssen daher grundsätzlich umdenken und das planen, was auch realisierbar ist.

Zeitnah realisierbare Maßnahmen wie z.B.

  • eine Neuordnung des Straßennetzes
  • Verkehrslenkung
  • städteplanerische Umgestaltung der Ortsdurchfahrten (Querungshilfen, Verkehrsinseln, Verengung, Kreisverkehre usw.)
  • verkehrsbeschränkende Maßnahmen wie Tempolimit und Tonnagebeschränkungen
  • Änderung der Mautpflicht auf bestimmten Streckenabschnitten
  • Ausbau des ÖPNV usw.

würden jede für sich genommen, ihren Teil zur Entlastung der Ortsdurchfahrten beitragen.

Von Seiten der Straßenbaubefürworter kommt dann häufig das Totschlagargument „geht nicht“ oder „funktioniert nicht“.

Da aber Straßenbau mangels Finanzen ebenso wenig funktioniert, sind solche Argumente heute weniger denn je zielführend und daher sinnlos. Statt Totalverweigerung ist erstmals konstruktives Umdenken gefordert.

Notfalls müssen die Gesetze endlich dem Recht der Menschen auf eine angemessene Wohnqualität angepasst werden.

Wozu gibt es z.B. die EU Umgebungslärmrichtlinie, wir sollten sie flächendeckend zügig umsetzen. Da appellieren wir ganz besonders auch an das Landratsamt dies konstruktiv zu begleiten und voranzutreiben.

Es gibt Städte, die gehen heute schon diesen Weg. In Berlin, Frankfurt und selbst in Freiburg – wenn hier bislang auch nur nachts – gibt es vierspurige Hauptverkehrsstraßen mit Tempo 30.

Was vor ein paar Jahren noch undenkbar war, wird heute für sinnvoll erkannt. Die Akzeptanzprobleme mancher Autofahrer wird nach und nach der Einsicht weichen, dass man etwas langsamer, dafür leiser und sicherer, auch ans Ziel kommt.

Selbst M. Gandhi wusste schon: „Es gibt Wichtigeres im Leben, als beständig dessen Geschwindigkeit zu erhöhen“.

Die B31a West wird auch damit begründet, dass sie als Verbindungs-chen wir sie aber nicht, da es diese Fernverkehrsstraße bereits gibt: von Freiburg-Süd über die Autobahn und die ehemalige L 120 nach Breisach .

Für eine zusätzliche leistungsstarke Ostwestverbindung wird eine massive Verlärmung der Naherholungsgebiete und Zerschneidung der Landschaft am Kaiserstuhl billigend in Kauf genommen.

Das Verkehrsaufkommen wird sich mit einer neuen, breiten, kreuzungsfreien und dadurch schnellen Bundesstraße erfahrungsgemäß massiv erhöhen. Der Schwerlasttransitverkehr wird dankend annehmen. Ist das alles wirklich gewollt?

Es gibt sicher „schlankere“ und umweltverträglichere Lösungen, die dann allerdings vom Land finanziert werden müssten. Vor allem sieht sich das Verkehrsministerium in der Pflicht, durch alternative Maßnahmen baldmöglichst für Entlastung zu sorgen.

Der Planungsstopp gibt die Möglichkeit, dies alles auszuloten und zum Wohl der Anwohner entsprechend zeitnah umzusetzen.

Nicht Unrealistisches fordern – sondern Umdenken ist nötig!

Nicht auf Altem beharren, das in 50 Jahren nicht zielführend war – sondern neue Wege beschreiten, dazu fordern wir Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, alle Mandatsträger im Land und Bund und auch die Bevölkerung auf!

Die Finanznot zwingt uns zu diesen neuen verkehrspolitischen Ansätzen. Der Kreistag sollte sie tatkräftig unterstützen.

Die vorliegende Resolution zur B31 West lehnen wir ab.

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